Der Filmkritiker Pierre Goursat

Gründer der Gemeinschaft Emmanuel

Heute am 25. März zum‚Fest Verkündigung des Herrn, begehen wir den 30. Todestag des Gründers der Gemeinschaft Emmanuel, Pierre Goursat. Eine faszinierende Persönlichkeit, die zeigte, wie eng ein inneres geistliches Leben mit einem offensiven weltorientierten Engagement zusammenhängt. Mit ihm ist in den 70er Jahren etwas einmalig Aktuelles für die Kirche entstanden, das ganz den Nerv der Nach konziliaren Zeit traf.

Pierre Goursat, der selbst im Pariser Künstlermilieu groß wurde (sein Vater war ein berühmter französischer Karikaturist), arbeitete Jahrzehnte lang als Filmkritiker. Schon früh hatte er eine tiefe Sehnsucht, dass der christliche Glaube und die Gesellschaft, die sich immer weiter voneinander entfernten, sich auf ganz neue Weise berühren könnten. Entscheidender Wendepunkt für den bereits 60jährigen Pierre Goursat war eine unerwartet befreiende Begegnung mit der „Barmherzigkeit Gottes“: eine äußerst schlichte, aber intensive innerliche Erfahrung der „Güte und Nähe Gottes“, die er beim gemeinsamen Gebet mit anderen machte. Die Bibel nennt das eine „Ausgießung des Heiligen Geistes“. Als „armer Typ“, wie er sich selbst später oft nennen wird, wusste er sich nun von Gott zutiefst geliebt.

Eine solche Erfahrung wünschte sich Goursat für alle Menschen, besonders für die Ärmsten in der Welt. Als ein besonderes Geschenk erlebte er dann das sich rasant entwickelnde Gemeinschaftsleben, das für ihn auch eine große Hilfe für die konkrete Nächstenliebe, das Leben der Gastfreundschaft und das freudig gemeinsame Gebet darstellte. So wie Mutter Teresa sprach auch er oft vom tiefen „Hunger“ und „Durst nach Gott“, besonders in dieser agnostischen Welt. Die wahre Armut des saturierten Europas läge im Mangel am Angenommen- und Geliebt-Sein. Der ständig kritisierende und verurteilende Blick der gegenwärtigen Gesellschaft wirke wie zerstörerisches Gift für alle Beziehungen. Genau diese Welt brauche Christinnen und Christen, die zuerst die Freude über diese verzeihende Liebe Gottes ausstrahlen.

Pierre Goursat hatte das Verlangen, mit einem veränderten, vorurteilsfreien Blick die Menschen von heute aufzusuchen und sie mit dem Evangelium neu zu berühren. Mit den Mitgliedern der Gemeinschaft Emmanuel wandte sich Pierre Goursat all jenen zu, die auf irgendeine Weise zu leiden hatten oder die den Kontakt zum Glauben verloren hatten. Verschiedenste Missionsprojekte wurden gestartet. Neben einem gescheiterten Vorhaben für Drogenabhängige startete er mit der Gemeinschaft verschiedene Initiativen für Jugendliche, für Obdachlose, Prostituierte im Rotlichtviertel, aber auch für JournalistInnen, BankerInnen, MedizinstudentInnen, ArbeiterInnen u.v.m. Wo es nur ging, wollte er die immer tiefer werdenden Gräben zwischen Kirche und Welt überwinden.

Er war in vielerlei Hinsicht ein Pionier. Das Neue in der Kirche könne nur mit dem Schwung eines freudigen Glaubens und wachsender Freundschaft zu den Menschen entstehen – und das erfordere ständiges Umdenken und Anpassung, damit das wirklich Notwendige zeitgerecht umgesetzt werden kann. Pierre Goursat war aus seiner tiefen Gottesbeziehung und dem Gebet heraus ein unermüdlicher Brückenbauer und den Dialog Suchender. Dies ist auch Herzensanliegen des Figlhauses als Projekt der Gemeinschaft Emmanuel.

© Quelle Figlhaus Wien 2021